hornik pflueck

Annegret Hornik

Pflück

Painting Drawing Sculpture

Opening: 05. July / 5 - 9 pm
Exhibition: 06. July - 02. August 2014

Wiederentdeckung der Art Brut



Das Werk von Annegret Hornik ist – quantitativ und in Bezug auf die medialen Vielfalt – ausgesprochen mannigfaltig, so dass sie in der Ausstellung „Pflück“ nur einen winzigen Ausschnitt ihres Schaffens zeigen wird. Die Inszenierung ihrer Werke hat in aller Regel einen installativen Charakter, indem sich die von Bildern überbordenen Wände zu optischen Mustern zusammenfügen, die von figurativen und selbst religiösen Motiven durchsetzt sind. Der gesamte Raum wird somit in eine visuelle Rhythmik versetzt, die in ihrer musikalischen Übersetzung als psychodelischer Aborigines Elektro-Pop beschrieben werden könnte.
Hier in der Ausstellung wird allerdings ein anderer, stärker figurativ geprägten Zweig ihres Schaffens hervorgehoben, der sich durch das Gesamtwerk, der in Fürth geborenen Künstlerin, zieht und eine sanftere, zerbrechlichere Seite offenbart, die deutlich von der Art Brut beeinflusst ist.

Die Art Brut erhielt in der Postmoderne ihren Namen von Jean Dubuffet und erlebt aktuell eine wachsende Aufmerksamkeit, was an musealen Beteiligungen und den New Yorker, Pariser, Züricher „Outsider Art Fairs“ sichtbar wird. Im Grunde ist die Adaptierung der „Primitven“ oder Naiven Kunst aber ein Wesenszug der Moderne. Es waren die Stammeskünste, die den Mythos anstelle des Abbildhaften den Vorzug gaben, denn die Abstrahierung und die Abstraktion waren eher in Lage das Erhabene, Magische, Unerklärliche, Göttliche darzustellen, als es das Abbild vermochte. Künstler wie Picasso oder Gaugin imitierten die „primitiven“ Vorbilder und transportierten deren Ästhetik in die Hohe Kunst. Die Expressionisten setzten sich mit Kinderzeichnungen und den Bildern Geisteskranker auseinander, aber erst im Zuge der Postmoderne wurde die „Art Brut“ selbst zur Hohen Kunst erklärt. Die Kunst unverbildeter Künstlern war für Dubuffet, Protéger und Sammler der Art Brut, die einzig wahre Kunst, denn „die wahre Kunst“, war für ihn dort „wo man sie nicht erwartet. Da, wo niemand an sie denkt, noch ihren Namen kennt“, er schreibt weiter „... Die falsche Kunst sieht ganz so aus, als sei sie die Richtige, und die Richtige gar nicht. So kommt es, dass man sich täuscht! Viele täuschen sich!“ 

Annegret Hornik versucht ihre Ratio während des Schaffensprozesses auszuschalten und ihre Bilder rein intuitiv zu entwickeln, den Aspekt der Emotion der Art Brut nachzuempfinden, obgleich sie ihre Bilder formal kontrolliert. In einigen dieser Werke forciert sie das Zwanghafte auf Basis einer Detailarbeit, die den vollkommenen Ausschluss der Außenwelt - gleich eines Autisten – impliziert, so dass sie etwa durch unzählige,abertausende von Punkten zum endgültigen Bild kommt. Es ist entsprechend nicht nur ein Zitat der Formen oder eine Verliebtheit in Mustern, sondern auch ein Zitat des Schöpfungsprozesses, wenn sie versucht, das Wahnhafte und die Kommunikation mit der Geisterwelt nachzuempfinden. Trotz dieser Annäherung, ist Art Brut für sie eine Art Rohstoff, den sie in ihrem Schaffen zu einer Objektivität führt - dergestalt betrachtet sie ihr künstlerisches Selbst als erwachsenes Kind, das mit Intuition und Kontrolle jongliert. Das Ergebnis ist ein sehr dichtes, reiches Werk, das alles zulässt und in der Tat weder vor schrecklichen Visionen, noch vor Witz oder dem Licht, der Süße höherer Güter, die das Leben verschönern, zurückweicht.      

Lu Potemka

 

Potemka Contemporary Art . Aurelienstraße 41 . 04177 Leipzig . Tel.: 0172 - 346 06 57 . post@potemka.de .
open: Wen - Sat: 15.00 - 20.00 . and by appointment