Egypt Woman

"Female Reconfiguration "

Shaima Sobhy (Cairo)







Vernissage und Lesung: 05. 05. 2017, 19 h

es spricht: Prof. Rayman Abdulah (Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig)

Exhibition: 06. 05. - 01. 06. 2017;



„Female Reconfiguration“

heißt der Ausstellungstitel der ersten Solo-Show der ägyptischen Künstlerin Shaima Sobhy. Es geht thematisch um Identitätsverlust und Identitätsfindung, weibliche Sexualität und Doppelmoral. Über ihr Oeuvre sagt die Künstlerin selbst „Since I´ve initiated my career, my work is overwhelmed by my gender identity. The female character plays the central role in my whole work, I´m especially interested in the females' concerns and psyche.“

All diese Reflexionen sind eng mit ihrer Biografie verwoben: Shaima Sobhy, 1984 geboren, wuchs als Muslima in einem offenen, multikulturellen Umfeld in Dubai auf. Um die Jahrtausendwende zog die Familie nach Kairo. Ihr erster Spaziergang in der neuen Heimat, führte sie zum Strand. Dort beobachtete sie ein Paar in flagranti – diese Situation war frivol als auch bizarr, denn die Frau war vom Kopf bis zum Nabel vollständig verhüllt und vom Nabel abwärts war sie nackt. Das Bild brannte sich tief in ihr Gedächtnis ein und taucht in variierter Form immer wieder in ihrem Werk auf, denn es war nicht nur ein verruchter Augenblick in einer neuen Stadt, es wurde zum Sinnbild einer neuen suppressiven Lebenswelt, die von nun an mit all ihren Verboten und ihrer Doppelmoral in alle Bereiche ihres Lebens griff.
Da war z.B. das Thema „Kopftuch“, das in Kairo zum ewig leidigen Thema wurde. Als sie sich wegen sexueller Übergriffe beschwerte, wurde ihr (auch von Frauen) vorgeworfen, die Männer durch ihre Haarpracht zu animieren. Schließlich setzte sie ein Kopftuch auf, dadurch änderte sich allerdings nichts an den Übergriffen. Sie setzte es ergo wieder ab. Es machte keinen Unterschied ob sie Kopftuch trug, oder nicht, ihr und der Frau per se wurden wie in der europäischen Neuzeit Seduktion im Geschlechterspiel unterstellt, die Frauen trugen durch ihre seduktive Kraft die Alleinschuld, wenn sie belästigt wurden, nicht der Mann, der seinen Trieben völlig unterworfen ist.
Da war außerdem noch das Thema „Nacktheit“ – und die geliebten Aktzeichenkurse in der Kunsthochschule, die während des Studiums aus moralischen Gründen eingestellt wurden. Alles Nackte war „forbidden“ – daher fand es, wie auch das Thema Kopftuch Eingang in Sobhys Bildwelt.

Doch dann kam für sie der Exodus: Shaima studierte zunächst Grafik Design, es gab keine so große Unterscheidung zwischen „High“ and „Low“ Art, obwohl ihr Herz für die Malerei schlug, hatte sie von Seiten der Familie nicht die Erlaubnis zu wechseln. So entwickelte sie ihre Kunst anhand von Malereikursen an der Schule und im Atelier. Nach dem Studium erhielt sie einen Lehrauftrag im Fachbereich „Grafik Design“. Als in der Kunsthochschule Plakate ihrer Ausstellung abgehängt wurden, Flyer verschwanden und sie gebeten wurde, keine neuen Flyer mehr auszulegen, spürte sie die Zensur als Künstlerin erstmals schmerzlich, doch als Aufforderungen auf Facebook erschienen, die Ausstellung nicht zu besuchen, die Ausstellung selbst schließlich unter Druck schloss, als sie eben erst eröffnet wurde und die nächste öffentliche Aufforderung hieß: „Kill her!“ „She is not a good Muslima, when she makes such paintings“ - war es um ihr künstlerische Freiheitsgefühl und ihr persönliches Sicherheitsgefühl geschehen. Sie zensierte sich selbst und malte fortan Tierchimären, um dasselbe auszudrücken, was sie in Form von Frauenbildern nicht mehr glaubte ungestraft sagen zu können. Ein Stipendium in Chemnitz verhalf ihr zu einer Auszeit aus ihrer Misere in Ägypten und öffnete eine neue Perspektive für sie in Deutschland frei leben und arbeiten zu können. Wenn sie zurückblickt, sagt sie, sie hatte auch viel Glück gehabt, für ihre Kindheit und Jugend in Dubai und dass ihre Eltern ihre Entscheidung, einen künstlerischen Weg zu gehen akzeptierten und unterstützten. Sie sagt abschließend zu der Lebenswirklichkeit der Frauen in Ägypten: „Egyptian women have the choice to rewrite their sexual histories – they can choose to reject the boundaries that limit them and to take back control of their bodies and their needs.“

Ich bin stolz ihnen als erste Galerie Deutschlands die „Forbidden Paintings“ – die Frauenbilder – von Shaima Sobhy zu präsentieren.
Lu Potemka




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